Leseprobe Sapperlott

Vorwort von Hermann Wax:

Wäre der griechische Mathematiker Archimedes (287 bis 212 v. Chr.) nicht in Syrakus, sondern in Oberschwaben aufgewachsen, so hätte er, als er herausgefunden hatte, dass der Auftrieb eines festen Körpers in einer Flüssigkeit gleich ist dem Gewicht der von ihm verdrängten Flüssigkeit, sein „Heureka“ (auf deutsch: Ich hab`s gefunden!) nicht auf griechisch ausgerufen, sondern es der Welt so kundgegeben: „Sapperlott! Etz hau i`s, des isch`s!“

„Sapperlot“ ist ursprünglich ein sehr derbes französisches Wort: Aus dem französischen Fluch „sacré nom de Dieu“, wird, um dem Ausdruck etwas von seiner Unflätigkeit zu nehmen, „sacrelot“, „sacrelotte“, einem heute in Frankreich veralteten und harmlosen Ausruf, den wir im 17. Jahrhundert ins Deutsche übernommen haben. Wir benützen das Wort auch als „sapperdilot“ und „sappermost“ und sprechen es - entgegen unserer Gewohnheit, das t als d auszusprechen - mit hartem Schluss-t aus, was hier mit Doppel-t zum Ausdruck kommen soll.

Im heutigen Schwäbisch, besonders im Oberschwäbischen, ist „Sapperlott“ ein vielfältig zu gebrauchender Ausruf, der bei allen möglichen erfreulichen und unerfreulichen Gelegenheiten, je nach Charakter und Anlass, laut oder diskret leise der Seele Befreiung und Erleichterung verschafft.

Beispiele:
Bei Ärger, weil jemand nicht zuhört: Sapperlott, i mecht, dass du mir zualosescht! (Gedicht „Zualosa“).
Bei Trotz, dem Schicksal gegenüber: Das Leben hat dich „gega da Strich gstrählt ond biischtet“: Sapperlott, so goht’s it! Es wird „wieder aufgstanda, oimol meh“ (Gedicht „Schwoba-Alter“).
Bei Erstaunen, nach einem unerwarteten Aale: Sapperlott, hot des etz guet dau (Gedicht „A Aale“).
Bei einer der größten ungelösten Fragen: Sapperlott, wo isch se bloß na dia Zeit (Gedicht „D`Zeit“).
Um einer Aussage Nachdruck zu verleihen: „Witt du mi, so wie i bi, no will i di“, no will i di au mit älle deine Mugga, Sapperlott nomol (Gedicht „I bi i“).

Bei Lob und Anerkennung: Einer, dem ich zutraue, dass er von der Sache etwas versteht, versichert, dass die Sapperlott-Gedichte nicht nur inhaltlich Tiefgang haben, dass sie nicht nur viele Aspekte menschlicher Grundbefindlichkeit treffend darstellen – wie zum Beispiel den Sisyphus-Mythos im „Schwoba-Alter“ und im „Sokrates“; zum Beispiel den Mahnungen und Einschränkungen der Älteren im Gedicht „Kleine Vögela“, denen es gleich geht wie der kleinen Ziege des Herrn Seguin, die auf ihrem Freiheits-Tripp vom Wolf geholt wurde - , sondern dass die Sprache und die Wortwahl der Gedichte unverbogen oberschwäbisch sind: Sapperlott, des hett i aber it denkt!

Es gibt im Schwäbischen derbe, unflätige Wörter; das Oberschwäbische ist übervoll davon. Sapperlott gehört nicht zu den bösen, sonst wäre es in Thaddäus Trolls „Schwäbischer Schimpfwörterei“ aufgeführt.

Ich empfehle fürs Lesen der Gedichte „Zätz hau zom sich Drweil lau“ (Gedicht „Luse“); dann versöhnen uns die „Sapperlott- Gedanken mit manchem „Gruschd“ der sonstigen schwäbisch-literarischen Szene. Getschäckt?

Hermann Wax,
Ehingen, im Januar 2009

Nachtrag: Als dann irgendwann im Jahre 212 vor Christus Archimedes am Sandtisch wieder einmal in seine geometrischen Figuren vertieft war und ein römischer Soldat sich anschickte, diesen Figuren und dem Leben des Archimedes ein Ende zu bereiten, hätte sich Archimedes, wenn er Oberschwabe gewesen wäre, nicht mit „Sapperlott“ gewehrt, sondern mit dessen derbem Vorfahren: „Sakrament aber au, kasch du des etz it bleiba lau?!“

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